Aus ehemaligen Arbeiter_innenstadtteilen werden erst „Szeneviertel“ und dann binnen kürzester Zeit exklusive Wohngegenden mit angeschlossenem Party- und Shopping-Viertel. Wo immer eine Innenstadtlage zu  Geld zu machen, wo immer ein Park zu verdichten oder ein altes Gewerbegebiet neu zu erschließen, wo einem Grünstreifen ein Grundstück abzuringen oder eine Baulücke zu schließen sind, werfen die öffentliche Hand und Unternehmen in München wie beispielsweise die Deutsche Bahn die „Schmankerl“ auf den Immobilienmarkt. Dieser Prozess der so genannten Gentrifizierung ist im Glockenbachviertel oder in Haidhausen bereits weitgehend abgeschlossen, im Westend, Pasing oder in Giesing ist er in vollem Gange.

Das AGFA Gelände wurde gesprengt und wird jetzt zum Business-Center mit schicken Eigentumswohnungen umgebaut. Die Paulaner Brauerei und das 60iger Stadion sollen als Nächstes folgen. Die Schwabinger 7 ist Geschichte - dort wird bald exklusiv gewohnt. Im Westend werden Altbauten saniert und Mieter_innen verdrängt. In Thalkirchen entsteht inmitten eines Naturschutzgebietes ein Luxuswohnkomplex. Das ehemalige Verlagsgebäude der „Süddeutschen Zeitung“ beherbergt bald Luxuswohnungen, Boutiquen und Büroflächen. In Pasing sorgen die Arkaden für eine komplette Umgestaltung des urbanen Raumes im Sinne des  Konsums. Vom ehemaligen städtischen Heizkraftwerk - jetzt „ The Seven“ - in der Müllerstraße, schauen bald Millionär_innen aus ihren Lofts über unsere Stadt, und selbst die ohnehin schon exklusiven Viktualien- und Elisabethmärkte sind von einer Luxussanierung bedroht! Diese Entwicklung umfasst schon seit längeren den gesamten städtischen Raum, und nichts scheint vor ihr sicher zu sein.
Für uns bedeutet „Boomtown Munich“, dass wir keine bezahlbaren Orte zum Leben, d.h. Treffpunkte, Ateliers, Projekte, Büros, Clubs oder Kneipen haben; dass es eine fast unmögliche Aufgabe ist, eine vom monatlichen Gehalt bezahlbare Wohnung zu finden, dass Studio- und Proberäume zur Mangelware werden, dass der Platz für unkommerzielle Freiräume und alternative Wohnformen verloren geht, und dass selbst die öffentliche Mobilität (ÖPNV) für viele Menschen unbezahlbar wird. Die totale Inwertsetzung des städtischen Raums hindert uns an einem selbstbestimmten Leben. Wir sind gezwungen, einen Zweit- oder Drittjob anzunehmen, um uns das Leben hier noch leisten zu können. Die Vereinzelung nimmt zu, soziale Netzwerke, Freundschaften, Familie und Lebensgemeinschaften fallen dem Diktat des „freien Marktes“ zum Opfer.  

Doch die Stadt gehört uns!

Wir wollen selbst entscheiden, wie und wo wir leben. Wir kämpfen für Freiräume, Gegenentwürfe und Utopien, die die städtische Verwertungs- und Standortlogik unterlaufen. Voraussetzung hierfür ist eine transparente Stadtpolitik, die es ermöglicht, mitzugestalten. Wir wollen auch keine strategisch platzierten Zentren der „Kreativwirtschaft“, wir wollen dauerhafte Nutzung statt ewiger Vertröstung und „temporären  Zwischennutzungen“. 

Wir sagen: Unsere Stadt ist kein Unternehmen. Eine Stadt ist ein Gemeinwesen, und darf nicht undemokratisch und profitorientiert geführt werden. Wir fordern eine Mitbestimmung von unten! Wir stellen die soziale  Frage, die in den Metropolen heute auch eine Frage der Aneignung von Räumen ist, von allgemeinem Zugang zu den Orten gesellschaftlichen Reichtums, städtischer Infrastruktur und Wissen. Es gibt keine Kultur  ohne soziale Rechte. Es geht darum, Freiräume zu erobern, die das Leben in dieser Stadt für alle lebenswert machen.

 

Wir nehmen uns das Recht auf Stadt!

Wir haben lange genug zugeschaut, wie die Politik unsere Stadt verkauft und Investor_innen sie nach ihren Verwertungsinteressen umgestalten. Grund und Boden dürfen ebenso wenig Ware sein wie Strom, Wasser  nd die öffentlichen Personennahverkehrsmittel. Wir wollen eine Stadt, in der Platz für alle ist und die sich nach den Interessen und Bedürfnissen der Menschen entwickelt. Wir alle haben ein Mitspracherecht, wenn es  um Stadtentwicklung geht – es wird Zeit, uns zu organisieren und dieses Recht gemeinsam in Anspruch zu nehmen.