Dass Soziale Bewegungen oder NGOs Kampagnen für ihre Zwecke einsetzen ist landläufig bekannt. Für Gewerkschaften ist diese Kampfform aber noch immer neu. Auch wenn die Schlecker-Kampagne bereits 1994/95 Erfolge feierte, ist der Weg der Kampagne in den Gewerkschaften lang und steinig. Doch sie setzt sich wohl durch, da die alte Kampfform Streik allein nicht mehr aussreicht.
Eine alte Forderung aus den sozialen Bewegungen lautet, dass die Gewerkschaften und die sozialen Bewegungen gemeinsam neue Wege in der Sozialen Politik gehen sollten. Die Öffnung der Gewerkschaftsbüros oder -häuser zu sozialen Zentren steckt wohl immer noch in ihren Anfängen, doch die Gewerkschaften mußten lernen, das ein Streik heute nicht immer zum Ziel führt, sondern dass Verbündete und andere Formen des öffentlichen Drucks hilfreich sein können.
So suchen sie dann Verbündete außerhalb des Betriebes oder der Branchen. Kunden, Nachbarn, Aktivisten zu anderen Teilaspekten des betroffenen Betriebes, Künstler und Personen in der Öffentlichkeit können helfen, die Ziele im Arbeitskampf durch ein Soziales Netzwerk um den Konflikt herum breiter zu gestalten und wirksamer werden zu lassen.
Die Dokumentation einer Fachtagung für Aktive und Muliplikatoren veranstaltet von ver.di Mannheim/Heidelberg u.a. zeigt in den vielfältigen Beiträgen, dass Kampagnen sehr wohl Teil einer gewerkschaftlichen Strategie sein können und auch erfolgreich sein werden.
Ziel gewerkschaftlicher Kampagnen sind in der Regel Mitglieder zu gewinnen, Betriebsräte durchzusetzen oder Streikmaßnahmen zu verstärken. Dabei ist der Organisationgrad der Gewerkschaften oft sehr nützlich, da sich eine Struktur und feste Organisation (mit finanziellen Mitteln) des Themas annimmt. Oft genug ist auch ein hauptamtlicher Kompaigner vorhanden, der vor Ort die Motivations- und Vernetzungsarbeit übernehmen kann. Das ist für mich einer der wichtigsten Erkenntnisse überhaupt beim Lesen der Dokumentation. Neben der Arbeit und ehrenamtlich scheinten mir Kampagnen äußerst schwierig und nur teilweise Erfolg versprechend.
In den Band kommen viele Aktive aus den unterschiedlichsten "Kampagnen" zu Wort, im Vortrag und im Interview erschließen sich dadurch praktische Bezugspunkte, die sich zu Strategien bündeln. Der Blick in die USA und auch nach Österreich bereichern die Diskussion erheblich und das Ganze mündet in einen praktischen Anhang mit handwerklichen Hilfwerkzeugen für die Durchführung von Kampganen. So hat sich bereits ein Kreis von Kampagnenberaten gebildet, der gewerkschaftliche Kampagnen plant, organisiert und begleitet.
Dem Ziel dieses aktiven Kreises, mit Kampagnen das Handlungspektrum von Gewerkschaften zu erweitern und mit Kampganen eine zeitgemäße Antwort auf veränderte betriebliche und gesellschaftliche Anforderungen zu geben, ist man mit dieser Dokumentation einen wichtigen Schritt näher gekommen.
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Dieter Koschek