Viele Gefangene hielten die schweren Arbeiten in der Hitze nicht durch, sie brachen zusammen und wurden immer wieder zum Aufstehen geprügelt. Manche wurden dabei zu Tode gequält oder verstarben im Anschluss an diese Torturen. Andere waren in Schippkommandos beschäftigt und mussten Sand von einem Haufen auf den anderen umschaufeln, körperlich Gebrechliche wurden gezwungen, tagelang in Stehkommandos auszuharren. Die Aktion „Arbeitsscheu“ traf Menschen, die lediglich aufgrund ihres sozialen Status oder ihres Sozialverhaltens als „biologisch minderwertig“ und gefährlich für die rassebiologisch definierte „Volksgemeinschaft“ und als „Volksschädlinge“ eingestuft wurden. Ein eugenischer Rassismus oder – im Nazi-Jargon – die „Gesundung des Volkskörpers“ oder die „Aufartung der eigenen Rasse“ verlangte, dass auch diese Menschen dauerhaft weggesperrt, ihre Fortpflanzung verhindert und ihr Tod zumindest billigend in Kauf genommen werden musste. Diese rassistische Politik fand ihre Entsprechung in dem „gesunden Volksempfinden“, das von der gesellschaftlich vorgegebenen Norm abweichendes soziales Verhalten als „asozial“ betrachtete. Nach der Befreiung hatten die Überlebenden der Aktion „Arbeitsscheu“

keine Lobby. Ihre Stigmatisierung wirkte weiter, sogar unter denen, die mit ihnen Lebens- und Leidenszeit in den Konzentrationslagern geteilt hatten. „Asozial“ war in den frühen Nachkriegsjahren ein Ausschließungsgrund, um als Opfer des Faschismus anerkannt zu werden und die damit verbundenen sozialen Hilfen zu erhalten.

In der alten Bundesrepublik wurde den Häftlingen mit den braunen und schwarzen Winkeln wegen fehlender politischer Verfolgungsgründe jegliche Entschädigung versagt. In der DDR war ihre Anerkennung als Verfolgte des Naziregimes die Ausnahme. Indes fand die ausgrenzende Bezeichnung „Assi“ Eingang in das DDR-Vokabular. Die „Assi-Lager“ dienten zur Disziplinierung von „Arbeitsunwilligen“.

Heute erinnert die VVN-BdA an Menschen, die vom Naziregime verfolgt wurden und dessen Überlebende vor sechzig Jahren von der größten Organisation der Verfolgten kaum Solidarität erfuhren. Eine schmerzliche Erinnerung.

Nichts gelernt aus der Geschichte haben Politiker, wenn sie zur Begründung der Senkung von Sozialleistungen, in fatal an Nazi-Vokabular erinnernder Sprachmanier, Menschen als „Sozialschmarotzer“ oder „Parasiten“ bezeichnen. Dies, aber auch Ausmaß, Form und Folgen rechtsextremistischer Gewalt gegen Obdachlose, Sozialhilfeempfänger und Angehörige anderer gesellschaftlicher Randgruppen seit 1990 zeugen von der bestürzenden Aktualität des Gedenkens und Erinnerns an die Opfer nazistischer Rassenpolitik. Die Würde und das Leben von Menschen, die heute ausgegrenzt

und am Rande der Gesellschaft leben, müssen geschützt werden. Ihnen gilt nicht nur unsere Achtung, sondern auch unsere tätige Solidarität. Und das nicht nur zur Weihnachtszeit!

Die Berliner VVN-BdA dankt allen, die mit Aktionen, Ausstellungen und Diskussionen auf die Geschichte und Gegenwart der Marginalisierten aufmerksam machen. Sie tragen dazu bei, diese vergessenen Opfer des Nazi-Regimes in das öffentliche Bewusstsein zu rücken. Es ist ein erster, ein großer und sehr wichtiger Schritt, auch wenn die Mitte der Gesellschaft davon bisher wenig Kenntnis genommen hat.