Die Bundesarbeitsgemeinschaft Prekäre Lebenslagen e.V. als bundesweite Interessenvertretung von Armut und Ausgrenzung betroffener Menschen und Dachverband unabhängiger Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen warnt vor den Plänen der Bundesregierung, die Aufgabenträgerschaft der ‚Hartz IV’-Verwaltung in getrennte Hände zu legen.

Dies führe dazu, dass die Rechtsunsicherheit von Betroffenen weiter zunehme, da sie sich zukünftig bei rechtlichen Problemen an zwei unterschiedliche Behörden wenden müssen und widerspreche dem mit ‚Hartz IV’ eingeführten Prinzip der Leistung aus einer Hand. Gleichzeitig würde die Einführung der getrennten Aufgabenträgerschaft unnötige Mehrausgaben verursachen und nach Informationen des Deutschen Sozialgerichtstages, zu einer Verdoppelung der Verfahren vor den Sozialgerichten führen.

Zudem sei es fraglich, ob die vorgesehenen Änderungen vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes, das eine Grundgesetzänderung ausdrücklich erwogen hatte, Bestand haben würden.

Eine Öffnung des Gesetzes dahingehend, dass zukünftig die Kommunen entscheiden dürfen, ob sie im Rahmen der so genannten ‚Optionskommunen’ die Verwaltung von ‚Hartz IV’ selbst übernehmen wollen, lehnen die in der BAG zusammengeschlossenen Initiativen ebenfalls ab:

„ Das hieße, den Bock zum Gärtner zu machen: wer gleichzeitig für die Vergabe von Ein-Euro-Jobs zuständig ist und gleichzeitig entscheidet, in welchen Bereichen diese anzusiedeln sind, wird aufgrund leerer Kassen sehr schnell dazu verleitet, notwendige kommunale Dienste billiger und auf Zwangsbasis anzubieten. Zudem hat der Bundesrechnungshof in seinen zwei Berichten zur Aufgabenwahrnehmung im Sozialgesetzbuch II bereits festgestellt, dass die amtliche Missbrauchsquote bei der Vergabe von ‚Ein-Euro-Jobs’ bei den Optionskommunen deutlich höher liege, als in den gemeinsam verwalteten Arbeitsgemeinschaften (ARGEn).“, so Jürgen Habich, Vorstand der Betroffenenvertretung zu einem Gesetzesvorschlag aus Reihen der Opposition.

„Die auf ‚Hartz IV’-Leistungen angewiesenen Menschen benötigen rechtliche Klarheit und eine bundesweit einheitlich geregelte Anwendung des Sozialrechts. Das kann, trotz aller Kritik, derzeit nur die Bundesagentur für Arbeit gewährleisten.

Eine Aufgabenzersplitterung und der Rückfall in intransparente Doppelzuständigkeiten lehnen wir daher ab. Wir fordern Leistungen aus einer Hand, nicht unter einem Dach und wir fordern die Aussetzung jeglicher Formen von Diskriminierung und Sanktionierung Betroffener.“, so Habich weiter.
Andreas Geiger, Pressesprecher BAG Prekäre Lebenslagen e.V.

Kontakt:  Jürgen Habich:    04321/973666 / 0151 599 98 581
              Andreas Geiger:  06131/684579 / 0160 983 02 468

Bundesarbeitsgemeinschaft Prekäre Lebenslagen e.V.
c/o Jürgen Habich, Segeberger Straße 40, 21539 Neumünster
www.bag-shi.de

Das Bündnis nimmt am bundesweiten Bündnis „Wir zahlen nicht für Eure Krise“ teil, kann sich aber weder dessen verschwommenen Forderungen anschließen noch der Einschätzung, dass Mindestlöhne, Regelsatzerhöhungen Schritte zu einer Solidarischen Gesellschaft seien.
Aus dem flugblatt:

Das Kapital soll für die Folgen der Krise aufkommen!

 Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden bei vollem Lohn- u. Personalausgleich. Damit werden Entlassungen reduziert. Es ist überfällig, weil sich die gestiegene Produktivität seit 20 Jahren nicht mehr in Arbeitszeitverkürzung oder Lohnerhöhungen niedergeschlagen hat.

 Ein gesetzlicher Mindestlohn von mindestens 10 Euro brutto. Er muss als Existenzminimum von Erwerbstätigen lohnsteuerfrei bleiben.

 Bezug von Arbeitslosengeld I mindestens fünf Jahre lang zu 80 % des Nettolohns.

 Anhebung des Eckregelsatzes von Hartz IV auf mindestens 500 Euro und damit auch Anhebung der Kinderregelsätze. Vollzeitlohnarbeit soll nur zumutbar sein, wenn Lohn und Kindergeld von Hartz IV unabhängig machen. Löhne unter 10 Euro sollen nicht zumutbar sein.

 Rente mit 60 ohne Abschläge. Das dient der Arbeitszeitverkürzung und dem Kampf gegen Arbeitslosigkeit. Anhebung des Rentenalters bedeutet Arbeitszeitverlängerung und Rentenkürzung.

 Abschaffung jeglicher von Kapitalmärkten abhängiger Altersvorsorge. Ausbau der gesetzlichen Rentenversicherung. Grundrente als Mindestrente innerhalb der Rentenversicherung, nicht als Sozialhilfe.

 Wiederanhebung des Körperschaftssteuersatzes der Kapitalgesellschaften und des Spitzensteuersatzes der Einkommensteuer mindestens auf den alten Stand von 56 Prozent. Wiedereinführung der Vermögenssteuer.

All diese Forderungen sind keine Schritte zu einer solidarischen Gesellschaft. Das Kapital ist unfähig zur Solidarität mit den arbeitenden Menschen. Die Forderungen setzen der Kapitalverwertung Schranken und verbessern unsere Lage. Solange aber die Kapitalverwertung Grundlage der Wirtschaft ist, werden weder Reformen in unserem Interesse noch alle Rettungsmaßnahmen der Regierung verhindern können, dass die nächste Krise kommt.
(s. Flugblatt http://www.klartext-info.de/flugblaetter/flugblatt_buendnis31januar.pdf)

Das Bündnis 31. Januar besteht aus Aktionsbündnis Sozialproteste, Anti-Hartz-Bündnis Berlin, Erwerbslosen Forum Deutschland, KLARtext e.V., Rhein-Main-Bündnis gegen Sozialabbau und Billiglöhne, Sozialforum Dortmund, Tacheles e.V.

Ihre Initiative/Organisation möchte diesen Aufruf unterstützen? Kontakt: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! V.i.S.d.P. Sturmi Siebers, Am Heedbrink 42, 44263 Dortmund

Ein Beitrag von Hans Coppi in der aktuellen Neuerscheinung :Allex, Kalkan (hg.) ausgesteuert – ausgegrenzt ...angeblich asozial, AG SPAK Bücher/Neu-Ulm/ISBN 978-3-930-830-56-5 / 1. Aufl. 2009 / 351 Seiten / 28 €

Vor 70 Jahren verbrachte die Kriminalpolizei über 10.000 Menschen in Konzentrations-lager, wo sie schlimmsten Demütigungen und Qualen ausgesetzt waren. Viele von ihnen starben an Misshandlungen oder erlitten lebenslange gesundheitliche Schäden. Diese Menschen waren keine politischen Gegner des NS-Regimes, sondern es waren Menschen, die keinen festen Wohnsitz hatten, die in Obdachlosenasylen und Heimen der Fürsorge lebten, Menschen, die als „arbeitsscheu“ diffamiert wurden, weil sie bettelten, weil sie Fürsorgeempfänger waren oder vielleicht zweimal einen angebotenen Arbeitsplatz abgelehnt hatten.

Allein in das KZ Sachsenhausen wurden zwischen dem 16. und dem 23. Juni 1938 über 6.000 Menschen eingeliefert, als „Asoziale“ registriert und mit einem braunen Winkel an der Häftlingskleidung gekennzeichnet, der später durch einen schwarzen Winkel ersetzt wurde. Schon die ersten Neuankömmlinge wurden von der Lager-SS mit besonderer Brutalität empfangen, wie aus dem Erinnerungsbericht von Harry Naujocks, dem Lagerältesten, hervorgeht: „Als die ersten Zugänge nackt in der Baracke stehen, kommt Lagerführer Baranowski und lässt sie in die Nacht hinaustreten.

Draußen steht der Block. Baranowski bestimmt zehn Häftlinge, die nacheinander ausgepeitscht werden. Die Neuen sind starr vor Entsetzen. Nur das Schreien der Gemarterten gellt uns in den Ohren. Ist das Opfer bewusstlos geworden, hört man nur noch den Ochsenziemer auf den Körper klatschen. Baranowski lässt kaltes Wasser bringen, womit die Besinnungslosen übergossen werden. Dann verkündet er, dass diese Strafe künftig bei dem geringsten Vergehen verhängt werde. Bei jedem dieser neu eintreffenden Transporte wird eine solche Abschreckung veranstaltet; willkürlich ausgesuchte Opfer erhalten 25 Stockhiebe.“

Obwohl Vorbereitungen für die Aufnahme einer größeren Anzahl von Neuankömmlingen im Lager getroffen worden waren, übertraf die Zahl der Einlieferungen offensichtlich alle Erwartungen. So reichten weder Häftlingsbekleidung und Schuhwerk noch die Unterbringungsmöglichkeiten aus. Mehr als 400 Häftlinge wurden in qualvoller Enge in Baracken zu sammengedrängt, die für 160 Menschen gedacht waren. Bettgestelle waren entfernt und durch auf dem Boden verteilte halbgefüllte Strohsäcke ersetzt worden. Tisch, Hocker und Spinde mussten sich jeweils drei Häftlinge teilen und die wenigen Toiletten und Waschgelegenheiten erlaubten der Masse der Inhaftierten noch nicht einmal die notwendigste Hygiene. Die Lagerältesten und viele Blockälteste versuchten – oftmals vergeblich – das Elend zu lindern.

Weiterlesen: Aktion „Arbeitsscheu“

Wenn sich die schwarz/gelbe Regierung konstituiert hat, sind verschärft Angriffe auf die sozialen Sicherungssysteme und demokratische und rechtsstaatliche Prinzipen zu erwarten. Die großzügigen Konjunkturpakete und Steuergeschenke vor der Wahl müssen jetzt finanziert werden und werden unweigerlich einen drastischen Abbau von Leistungen in den Bereichen, Arbeitslosigkeit/soziale Sicherung, Bildung und Gesundheit bedeuten. Ebenso wird es Angriffe auf Arbeitnehmerrechte und Löhne geben. Die rot/schwarze Koalition in Thüringen wird das „durchregieren“ erheblich erleichtern, da schwarz/gelb bis 2011 (nächste Landtagswahl nach NRW) auf jeden Fall die Mehrheit im Bundesrat haben wird.
Im SGB II-Bereich sind massive Gesetzesänderungen zu erwarten: Pauschalierung der Unterkunftskosten, drastische Änderungen bei den Erwerbstätigenfreibeträgen, die Einführung offener Zwangsarbeit, d.h. „Workfare“ – Stütze nur noch gegen Arbeit – und weitere Schikanen und Verschärfungen.
Die Wahl hat aber auch Positives gebracht: die alte Schröder-Garde der SPD ist überwiegend entmachtet oder zurückgetreten; linke Kräfte fordern nun endlich die Distanzierung von der Agenda 2010, Rentenklau und Hartz IV; die Gewerkschaften müssen nun keine Rücksicht mehr auf die Genossen nehmen. Hier entwickelt sich ein neues Kräfteverhältnis.  
Deshalb muss die Auseinandersetzung für demokratische Rechte und gegen den Umbau zum Workfare-State auf antifaschistischer Grundlage verbreitert und verstärkt werden. Hier sind alle fortschrittlichen politischen Kräfte, Gewerkschaften und die Sozial- und Wohlfahrtsverbände genauso gefragt wie Erwerbslose und Marginalisierte. Letztere müssen sich aus der Vereinzelung lösen und lernen, für ihre Interessen einzutreten, sich mit Gleichgesinnten zu organisieren und sich Räume zur Entfaltung selbst schaffen, die ihnen die Regierenden längst abgenommen haben: örtliche Selbsthilfe- und Stadtteilinitiativen, Beratungsstellen, soziale Zentren und Treffpunkte aufbauen und erstreiten und mehr.
In dem Sinne möchte ich alle Leserinnen und Leser des Newsletters auffordern, sich an diesen kommenden und nötigen Auseinandersetzung aktiv zu beteiligen.
Passend zum Thema möchte ich auf zwei Aufsätze verweisen. Prof. Helga Spindler stellt die Frage, war die Hartz-Reform auch ein Bertelsmann-Projekt? Sie entwickelt die These, das Hartz IV-Projekt sei beendet und die Politik arbeite bereits an Hartz V. Der Aufsatz ist hier zu finden:  http://www.harald-thome.de/media/files/Prof_Helga_Spindler_Hartz_IV_Reform_Bertelsmannprojekt_23_09_2009.pdf
Sowie einen Aufsatz von Christoph Butterwege in dem er Bilanz zieht:  Reichtumsförderung statt Armutsbekämpfung - eine sozialpolitische Bilanz der großen Koalition“. Dieser ist hier zu finden: http://www.harald-thome.de/media/files/butterwege-0909-Hartz-IV-und-V.pdf

 

www.harald-thome.de
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Jeden Monat wird in diesem Land zigtausenden Erwerbslosen mit Sanktionen das Existenzminimum gekürzt oder sogar gestrichen, weil sie Forderungen der JobCenter nicht erfüllt haben oder weil ihnen dies unterstellt wird. Im Jahr 2008 wurden über 780.000 derartige Sanktionen verhängt. Ist schon der rigide Hartz-IV-Sanktionsparagraf mehr als problematisch, so führt die katastrophale Personalsituation in den JobCentern zu einer Praxis, die für die Betroffenen unzumutbar ist. Von den 2008 eingelegten Widersprüchen gegen Sanktionen waren 41 % ganz oder teilweise erfolgreich, von den eingereichten Klagen 65 %. Die Auswirkungen von Sanktionen werden dadurch verschärft, dass Widersprüche keine aufschiebende Wirkung haben, d.h. die Menschen müssen, auch wenn sie letztlich nach gerichtlicher Kontrolle Recht bekommen, unter den Sanktionen leiden.
Das Bündnis

Ende März fand sich ein kleiner Kreis von sozialpolitisch engagierten Menschen aus Erwerbslosenini-tiativen, Parteien, Kirche und Wissenschaft zusammen. Wir wollen der aus unserer Sicht nicht hin-nehmbaren Hartz-IV-Sanktionspraxis in den JobCentern und ARGEn nicht weiter tatenlos zusehen. Allen gemeinsam war die Erfahrung mit Hartz IV über den Beruf, die persönliche Betroffenheit oder die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema. Der drängende Wunsch – allen politischen Unterschieden zum Trotz – gemeinsam auf ein Aussetzen des Hartz-IV-Sanktionsparagraphen hinzuarbeiten, hatte uns zusammengeführt.

http://www.sanktionsmoratorium.de/